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Der dritte Freitag im Februar ist International Care Day. Dieser richtet die Aufmerksamkeit auf Personen, die einen Teil ihrer Kindheit in stationärer Betreuung durch die Kinder- und Jugendhilfe (KJH) verbracht haben und diese Fremdunterbringung bald verlassen müssen oder bereits verlassen haben (Care Leavers).

 

Aus diesem Anlass fand am 16. Februar 2024 in Wien die Fachtagung „Endlich volljährig – und jetzt?“ statt. Thematisch wurde sie dieses Jahr ausgeweitet, und widmete sich zusätzlich zu Care Leavers allen Jungen Erwachsenen, die von prekären Wohnverhältnissen bedroht und/oder armutsgefährdet sind. Die ganztägige Veranstaltung konnte in Zusammenarbeit der Plattform Jugendhilfe 18+ und der AG Junge Wohnungslose durchgeführt werden.

Ziel war es Angebote, Kooperationen, wissenschaftliche Studien sowie Best Practice Beispiele zur Arbeit mit und für Care Leavers bzw. Junge Erwachsene zu präsentieren, in Austausch zu gehen und positive Veränderungen für die Zielgruppe bei der Politik einzufordern.

Erstellt: März 2024

Die Fachtagung wurde organisiert in Kooperation von

Logos Veranstalter

Rückblick auf die Fachtagung zum International Care Day 2024

 

Der dritte Freitag im Februar ist International Care Day. Dieser richtet die Aufmerksamkeit auf Personen, die einen Teil ihrer Kindheit in stationärer Betreuung durch die Kinder- und Jugendhilfe (KJH) verbracht haben und diese Fremdunterbringung bald verlassen müssen oder bereits verlassen haben (Care Leavers).

 

Aus diesem Anlass fand am 16. Februar 2024 in Wien die Fachtagung „Endlich volljährig – und jetzt?“ statt. Thematisch wurde sie dieses Jahr ausgeweitet, und widmete sich zusätzlich zu Care Leavers allen Jungen Erwachsenen, die von prekären Wohnverhältnissen bedroht und/oder armutsgefährdet sind. Die ganztägige Veranstaltung konnte in Zusammenarbeit der Plattform Jugendhilfe 18+ und der AG Junge Wohnungslose durchgeführt werden.

Ziel war es Angebote, Kooperationen, wissenschaftliche Studien sowie Best Practice Beispiele zur Arbeit mit und für Care Leavers bzw. Junge Erwachsene zu präsentieren, in Austausch zu gehen und positive Veränderungen für die Zielgruppe bei der Politik einzufordern.

 

Besonders hervorzuheben ist die Teilnahme und Mitwirkung des 2023 neu gegründeten Selbstvertretungsvereins Care Leaver Österreich. Die drei Vorstandsmitglieder beeindruckten mit klaren Worten und Forderungen an Politik wie Betreuungspraxis – allen voran jene nach einer rechtlich abgesicherten Betreuung durch die Kinder- und Jugendhilfe über den 18. Geburtstag hinaus.

 

Der Marktplatz bot, wie auch schon bei der ersten Tagung dieser Art 2020, mithilfe von 18 „Marktständen“ von Organisationen, Initiativen und Forschungsprojekten aus ganz Österreich die Möglichkeit für Austausch und vor allem auch Inspiration für künftige Angebotssetzungen (siehe Liste der Mitwirkenden).

 

Hubert Löffler, Obmann des DÖJ und Sprecher der Plattform Jugendhilfe 18+, informierte über die langfristigen österreichweiten Nachteile, welche durch die „Verländerung“ des Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes (B-KJHG) 2020 verursacht wurden (vgl. OTS-Aussendung im April 2023), und formulierte klare Forderungen an die Politik.

Maresi Kienzer, Einrichtungsleitung des JUCA, erinnerte an die besonderen Herausforderungen Junger Wohnungsloser und die daraus resultierenden Forderungen im Positionspapier (2021) und dem Situationsbericht (2023), welche u.a. auch die Gründung des Vereins [um]bruch:stelle zufolge hatten.

 

Gleich drei internationale Vorträge ermöglichten den Besucher:innen einen Blick über die österreichische Grenze hinaus:

     In der Keynote von Martine Tobé (Niederlande) wurden die Besucher:innen auf den turbulenten „Flug“ beim Verlassen der KJH mitgenommen. Sie zeigte auf, dass Forderungen nach Verbesserungen für Care Leavers zwar seit Anfang der 2000er Jahre laufend eingebracht werden, aber bis heute in den meisten Ländern unzureichende Veränderungen erfolgt sind. Und das, obwohl anhand der „Big Five“ sehr deutlich wird, was junge Menschen brauchen, um bestärkt ins Erwachsenenleben starten zu können.

     Peter Mackie (Wales) griff u.a. die „Big Five“ auf, welche auch in der Prävention von Wohnungslosigkeit unter Jungen Erwachsenen zentral sind. Anstatt das meiste Geld in die Notfallhilfe zu investieren (wie es aktuell international der Fall ist), appellierte er für die sogenannte „Upstream Prävention“, welche sich zielgerichtet an besonders vulnerable Personen richtet. Er präsentierte Vorzeige-Beispiele, wie dies z.B. mithilfe eines bedingungslosen Grundeinkommens für Junge Erwachsene realisiert werden kann.

     In einem Video-Beitrag präsentierten Stephen Gaetz und Melanie Redman (Kanada) innovative Ansätze im Umgang mit dem Thema Wohnungslosigkeit bei Jungen Erwachsenen. Hier wurden beispielsweise Konzepte zur Prävention von Wohnungslosigkeit, sowie Vorzeigeprojekte in der Umsetzung des Housing First-Gedanken für Junge Erwachsene („Housing First For Youth“) vorgestellt.

 

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit acht Teilnehmer:innen aus Politik, Wissenschaft und Praxis wurden Mängel im aktuellen KJH-System, welches Übergänge zu Bruchstellen im Leben der Jungen Erwachsenen macht, diskutiert. Tom Adrian, Leiter der Jugendnotschlafstelle a_way und Lead in der Organisation des Fachtages, betonte die Notwendigkeit von Finanzierungssicherheiten für neue Ansätze in der Unterstützung Junger Erwachsener, und forderte eine bessere Umsetzungspraxis der Verlängerungsoptionen in der KJH. Gabriele Eichberger, Leiterin des Referats Sozialpädagogische Einrichtungen der Wiener KJH stimmte zu, dass junge erwachsene Care Leavers im Vergleich zu Altersgenoss:innen mit besonderen Herausforderungen konfrontiert sind. Gleichzeitig sei die Wiener KJH in ihrer Arbeit durch eine rasant wachsende Stadt bei gleichzeitigem Fachkräftemangel stark gefordert. Daniela Kern-Stoiber, Mentorin im Care Leaver Mentoring der Volkshilfe Wien, erzählte von ihren Erfahrungen in der Begleitung einer jungen Mentee im Übergang aus der stationären Wiener KJH in die Selbständigkeit. Sie betonte, dass durch das systemisch bedingte frühzeitige Drängen in eine Selbständigkeit aus einer motivierten Jugendlichen in Ausbildung eine Junge Erwachsene wurde, die nach Abbruch der Berufsausbildung reihenweise AMS-Kurse besucht und mit großen Zukunftsängsten kämpft. Stephan Sting, Professor für Sozial- und Integrationspädagogik an der AAU Klagenfurt, teilte Ergebnisse aus wissenschaftlichen Studien in Österreich, welche bestätigen, dass Übergänge besser begleitet werden sollten und ein Rahmen geschaffen werden muss, der es Jungen Erwachsenen ermöglicht Bildungswege einzugehen, die sie selbst wählen, anstatt sie zu früh in eine finanzielle Selbständigkeit zu drängen. Markus Hollendohner, Abteilungsleiter Wiener Wohnungslosenhilfe & Betreutes Wohnen des FSW, beschrieb die Wohnungslosenhilfe als letztes Auffangnetz für Junge Erwachsene in prekären Lebenslagen, betonte aber, dass sie nicht Mängel bei Beendigungen nach der Wiener KJH ausgleichen könnten, sondern es hier ein eigenes Angebot z.B. in Form einer „Jungerwachsenenhilfe“ brauche. Ewald Lochner, Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien, erkannte die Herausforderung, Junge Erwachsene mit Multiproblemlagen einem passenden Angebot zuzuordnen an, und hob in diesem Zusammenhang Transitionsmodelle hervor. Barbara Neßler, Nationalratsabgeordnete der Grünen, stimmte mit Hubert Löfflers Kritik an der Änderung des B-KJHG 2020 überein und erklärte, dass es wieder Zuständigkeit des Bundes werden sollte, die KJH in Österreich auf ein einheitliches Qualitätsniveau zu heben. Zwei Vorstandsmitglieder des Vereins Care Leaver Österreich, Alexandra Weiß und Rebecca Blattner, beeindruckten alle Tagungs-Teilnehmer:innen mit ihren deutlichen Worten insbesondere auch an die Politik dafür zu sorgen, Chancengleichheit für Personen mit KJH-Erfahrung herzustellen. Sie forderten eine Begleitung ins Erwachsenenalter entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen. Sei dies in Form eines Rechtsanspruches auf eine Betreuung im System der KJH bis zum 24. Geburtstag, der Möglichkeit in die Betreuung zurückzukehren oder das Vorhandensein von flexiblen Beratungsangeboten. Außerdem verwiesen sie darauf, dass Care Leavers trotz ihrer besonderen Herausforderungen über enorme Potenziale verfügen. Hier gilt es Bedingungen zu schaffen, die es den Jungen Erwachsenen ermöglicht eben diese Potenziale auszuschöpfen.

 

Rückblickend lässt sich die Fachtagung als inspirierende Veranstaltungen zusammenfassen, in welcher über 240 Personen mit Erfahrungswissen, Professionist:innen diverser Organisationen, Wissenschaftler:innen und politische Entscheidungsträger:innen zusammenkamen, um für strukturelle und nachhaltige Verbesserungen für Care Leavers einzutreten. Besucher:innen der Tagung wurden für die Problemlagen Junger Erwachsener mit und ohne KJH-Erfahrung sensibilisiert und hatten die Möglichkeit zum Kennenlernen verschiedener Angebote für die Zielgruppe in Österreich. Innovative internationale Konzepte animierten darüber hinaus zur Entwicklung neuer Ansätze hierzulande.

Wir bedanken uns bei allen Mitwirkenden und freuen uns, dass die Herausforderungen von Care Leavers und Jungen Wohnungslosen durch diverse Medienberichte zunehmend in das öffentliche Bewusstsein rücken und werden nicht müde, für Verbesserungen in der Versorgung von Jungen Erwachsenen einzutreten.

 

Die gesamte Veranstaltung wurde moderiert von Nina Starzer.

Video-Botschaft vom Care Day 2024

Informationen zu den Vortragenden

Marktplatz:

Organisationen

 

Interessensvertretung / Dachorganisationen

 

Wissenschaftliche Beiträge

Medienberichte

Fotogalerie Care Day 2024

Foto-Credit: Vormittags ©Volkshilfe Wien, John Kücükcay

Nachmittags ©Caritas der Erzdiözese Wien, Johannes Hloch

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